Die Irrtümer des Westens. Nicht erst der Ukrainekrieg traf den Westen unvorbereitet. Seit langem ist seine geopolitische Agenda von Illusionen geprägt.
In den vergangen Tagen bekannten führende Mitglieder fast aller Parteien, sich in Bezug auf den russischen Präsidenten geirrt zu haben. Dieser Irrtum sollte uns dazu motivieren, auch andere Felder der Außenpolitik einer kritischen Revision zu unterziehen. Vor allem militärische Interventionen in Asien und Afrika zeigen, dass Fehleinschätzungen und zweifelhafte Entscheidungen bei westlichen und auch deutschen Politikern seit Beginn dieses Jahrtausends eher die Regel als die Ausnahme waren.
Nehmen wir beispielsweise die Attentate des 11. Septembers 2001, die Ausgangspunkt einer ganzen Reihe fragwürdiger Maßnahmen waren. Anstelle einer wissenschaftlichen Analyse, die hätte erklären können, wie es zur Gründung der ersten internationalen Organisation kommen konnte, die sich dem Krieg im Namen Allahs verschrieb, reagierte die amerikanische Regierung mit kämpferischer Rhetorik und dem Krieg gegen Afghanistan. Das Taliban-Regime, das dort seit 1996 geherrscht hatte, wurde gestürzt. Die Atommacht Pakistan blieb unbehelligt, obwohl sie die Taliban unterstützt und gefördert hatte, das Dienstleistungsbüro von Al-Qaida gewähren ließ und bis 2011 auch Osama Bin Laden beherbergte. Die Financiers von Al-Qaida stammten aus Saudi-Arabien, und es ist bis heute ungeklärt, welche Rolle der saudische Geheimdienst dabei spielte. Die Ölmonarchie geriet trotz dieser Evidenzen ebenso wenig ins Fadenkreuz des Krieges gegen den Terror wie Deutschland, wo die Gruppe arabischer Studenten gelebt hatte, die den Anschlag plante und federführend durchführte.